Internetzugangsmedien, ein Überblick

Als generelle Zusammenfassung für Interessierte und als Basiswissen für andere Blogeinträge, stelle ich hier einmal die gängigen Medien vor, mit denen zumindest in der Bundesrepublik das Gros der Internetverbindungen realisiert wird. Aber zunächst ein paar Basisinformationen zur Situation in Deutschland:

Die grundsätzliche Netzstruktur wird von der Bundesnetzagentur vorgegeben und ist für alle Telekommunikationsanbieter verbindlich. Es gliedert das Landesnetz der Bundesrepublik in Ortsnetze, die jeweils über eine einheitliche Ortsnetzkennzahl verfügen, besser bekannt als Vorwahl. So hat Hamburg beispielsweise die Ortsnetzkennzahl “40”, Leipzig die “341” und Castrop-Rauxel die “2305”. Diese Ortsnetzkennzahl kann maximal fünfstellig sein, wobei die Führende “0” übrigens nicht Teil der Vorwahl ist, sondern lediglich die sogenannte Verkehrsausscheidungsziffer darstellt. Aber das nur am Rande…

Die Ortsnetze sind wiederum in Anschlussbereiche unterteilt und durchnummeriert. Kleine Ortsnetze bestehen häufig nur aus einem Anschlussbereich, Großstädte hingegen aus einer Vielzahl. Die Grenzen der Anschlussbereiche und Ortsnetze stimmen eher selten mit politischen Grenzen überein und können nur schwer und auch nur durch die BNetzA geändert werden.

Es bleibt jedem Telekommunikationsunternehmen selbst überlassen, wie der Netzaufbau realisiert wird. Allerdings besteht die Vorgabe, dass die Versorgung der Kunden von einem “Verteiler” aus dem jeweiligen Anschlussbereich heraus erfolgen muss. Die Telekom Deutschland, als einziges reguliertes TK-Unternehmen in der Bundesrepublik, unterhält in jedem Anschlussbereich eine Vermittlungsstelle, die in der Größe von einem Einfamilien- bis zu einem Hochhaus variieren kann und auch Technik von Wettbewerbern “beherbergen” muss.

In Deutschland schreibt das Telekommunikationsgesetz vor, dass Telekommunikationsleitungen nicht konzessioniert werden dürfen. Das bedeutet, dass im Gegensatz zu allen anderen Leitungsträgern (Wasser, Abwasser, Strom, Gas etc.) von einer Gemeinde kein alleiniges Nutzungsrecht vergeben werden darf, wodurch sich in der Regel Trassen von mehreren Telekommunikationsunternehmen parallel in den Gehwegen befinden. Wenn möglich werden diese nach einer DIN-Norm vergeben; hierdurch liegen Telekommunikationsleitungen meist hausseitig, gefolgt von Stromleitungen, Gas, Wasser & Co. Wird einer Trasse von der jeweils zuständigen Behörde zugestimmt, so ist diese üblicherweise 30 cm breit (Breite einer Baggerschaufel) und steht diesem Unternehmen exklusiv zur Verfügung.

Soviel zum Hintergrund. Jetzt aber zum eigentlichen Thema:

1. Kupfer-Doppelader

Die Kupfer-Doppelader nutzen hierzulande die mit Abstand meisten Menschen, um zu Hause ihre Verbindung mit dem Internet zu realisieren. Das Kupfernetz stammt aus der Zeit der Bundespost und war dort zunächst das nach dem Zweiten Weltkrieg bzw. nach der Wiedervereinigung komplett neu errichtete Telefonnetz. Fast alle Gebäude verfügen hierzulande über einen Anschluss an ein Verzweigerkabel, das bis zu einem Kabelverzweiger in der Nähe führt. Von dort wurde über einen “Schaltdraht” die Verbindung zu einem Hauptkabel hergestellt, das wiederum vom Verzweiger bis in die Vermittlungsstelle führt.

Da Kupfer eine relativ hohe Signaldämpfung hat, sinkt die verfügbare Übertragungsrate mit dem Abstand zur Vermittlungsstelle. Daher sind seit den 2000er Jahren immer mehr TK-Unternehmen dazu übergegangen, die aktive Technik näher an die Kunden zu verlagern, um den Signalweg über das Kupferkabel zu verkürzen. Üblich ist, hierbei den Kabelverzweiger mit einem größeren Gehäuse zu überbauen, in das aktive Technik gesetzt wird. Dieses Gerät ist auf der einen Seite an ein Glasfaserkabel angeschlossen und direkt mit dem Weitverkehrsdatennetz des Anbieters verbunden. Auf der anderen Seite wird das Kupfer-Verzweigerkabel genutzt, um die Verbindung zum Kunden herzustellen. Durch diese Maßnahme erhöht sich die mögliche Übertragungsrate deutlich; aktuell werden in der Bundesrepublik bis zu 100 Mbit/s über diesen Weg angeboten. Der nächste Technologiesprung steht hier bereits in den Startlöchern, aus diesem Grund ist in den kommenden Jahren mit einer Erhöhung der möglichen Übertragungsrate bis auf 250 Mbit/s zu rechnen. Technisch sind langfristig ca. 800 Mbit/s auf der Kupfer-Doppelader möglich.

Die Kupfer-Doppelader ist kein geteiltes Medium. Da für die ursprüngliche Funktion des Netzes, die Telefonie, jeder Teilnehmer Signale sowohl senden als auch empfangen muss, verfügt jeder Kunde auch über eine exklusiv für ihn nutzbare Kupferstrecke. Aufgrund der Kabeleigenschaften (Kabellänge bis in die Wohnung, verwendete Kabeltypen) hat jeder xDSL-Anschluss zwar eine individuelle maximal mögliche Übertragungsrate, die auch deutlich unter dem liegen kann, was die Technologie hergibt. Dafür steht diese Übertragungsrate dem Kunden konstant und zur alleinigen Nutzung zur Verfügung.

2. Koaxialkabel

Seit in den 1970er Jahren das Kabelfernsehnetz verlegt worden ist, sind zumindest in den Ballungszentren parallel zu den “alten” Kupfer-Doppeladern auch Kupfer-Koaxialkabel vorhanden. Dieses Netz war ursprünglich dazu gedacht, die Fernsehsignale, von wenigen Kopfstellen ausgehend, über verschiedene Verteilerebenen bis in die Haushalte zu senden. Jedes Haus in einem Straßenzug wurde an dasselbe Kabel angeschlossen. Ein Rückkanal war zunächst nicht vorgesehen.

Mit dem Verkauf der Kabelnetze war Anfang der 2000er Jahre der Weg für einen rückkanalfähigen Ausbau frei. Seitdem wird ein Teil des zur Verfügung stehenden Frequenzspektrums des Fernsehsignals für den Datenverkehr genutzt. Die Verteilerschränke sind mittlerweile in vielen Fällen mit einem eigenen Glasfaseranschluss ausgestattet und ein Gerät in diesem Schrank trennt die Datensignale vom Fernsehsignal. Genau wie beim Telefonnetz wird somit in der Regel nur noch auf dem letzten Stück zwischen Verteiler und Kunde das Kupferkabel genutzt.

Mit dem aktuellen Standard sind auf dem Koaxialkabel theoretisch Übertragungsraten bis zu 1,6 Gbit/s möglich. Um nicht zu viele Fernsehkanäle einzubüßen, werden hiervon in der Regel aktuell aber nur gut 300 Mbit/s genutzt. Mit Einführung der neuesten Technologie können diese Übertragungsraten in naher Zukunft annähernd verzehnfacht werden.

Im Gegensatz zum Telefonnetz ist das Fernsehnetz ein geteiltes Medium. Das bedeutet, dass sich alle Kunden in einem Segment die maximal verfügbare Übertragungsrate teilen müssen, da sie alle an dasselbe Kabel angeschlossen sind. Dies geschieht über Zeitschlitze; alle Kunden sind nacheinander an der Reihe und dürfen jeweils für einen definierten Zeitabschnitt Daten senden bzw. empfangen. Die individuelle Übertragungsrate ist somit davon abhängig, wie viele Kunden im Netzsegment gerade Daten übertragen möchten. Hierdurch kann es durchaus vorkommen, dass tagsüber bis zu 30 Mbit/s zur Verfügung stehen, abends, wenn die Nachfrage nach Datenverkehr steigt, aber nur etwa 10 Mbit/s.

3. Luft

Spätestens seit der Einführung von Long Term Evolution, besser bekannt als LTE oder 4G, Anfang der 2010er Jahre sind in der Bundesrepublik nahezu flächendeckend mobile Breitbandverbindungen möglich. Diese Zugangstechnologie wird nicht mehr nur für mobile Endgeräte und Anwendungen genutzt, sondern soll darüber hinaus auch als Ersatz für klassische Breitband-Festnetzanschlüsse dienen.

In Europa wird LTE in drei verschiedene Frequenzbereich aufgeteilt: Der Bereich um 800 MHz ermöglicht hohe Reichweiten, aber nur Übertragungsraten bis etwa 50 Mbit/s. Im Frequenzblock um 1.800 MHz sind dann bis zu 150 Mbit/s möglich. Der dritte Frequenzbereich um 2.600 MHz hat zwar die geringste Signalreichweite, bietet aber schon heute Übertragungsraten bis 300 Mbit/s an. Mit der Einführung von LTE-Advanced wird es außerdem zu einer Steigerung bis auf 1 Gbit/s kommen.

Die tatsächliche mögliche Übertragungsrate beim Kunden ist von vielen Faktoren abhängig. Grundsätzlich gilt, dass die Rate sinkt, je weiter Sender und Empfänger voneinander entfernt sind. Aber auch Hindernisse, wie z. B. Bäume oder Wände, oder das Wetter haben Einfluss auf die Signalqualität. Darüber hinaus bedeutet beim Mobilfunk eine theoretisch mögliche Übertragungsrate von bspw. 1 Gbit/s nicht, dass der Funkturm auch “schnell” genug angebunden ist, um diese Daten ins Weitverkehrsnetz zu transportieren. Die Funktürme die meisten Anbieter verfügen heutzutage aber über eine ausreichende Glasfaseranbindung.

Funknetze sind geteilte Medien. Das bedeutet, dass sich alle Teilnehmer in einer Funkzelle die verfügbare Übertragungsrate teilen, was wie beim Fernsehkabelnetz über Zeitschlitze realisiert wird. Die an stationären LTE-Anschlüssen verfügbare Übertragungsrate ist somit grundsätzlich auch davon abhängig, wie viele Daten die anderen Teilnehmer in der Funkzelle übertragen.

Insbesondere für abgelegene oder schlecht versorgte Landstriche bieten stationäre Internetverbindungen über LTE eine Alternative, da in diesen ein Ausbau der Festnetztechnologien in vielen Fällen unwirtschaftlich ist. In Städten hingegen lässt sich LTE mit einer klassischen Festnetztechnologie kombinieren, um einerseits die Gesamtübertragungsrate zu erhöhen und andererseits einen Zweitweg und damit eine höhere Ausfallsicherheit des Anschlusses zu realisieren.

4. Glasfaser

Da momentan sehr viele Zugangstechnologien mit dem Schlagwort “Glasfaser-Technologie” beworben werden, sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass natürlich alle Internetanschlüsse über Glasfaser realisiert werden. Die Frage ist, bis zu welchem Punkt diese Glasfasern verlegt worden sind. Wie oben erläutert, enden diese für den überwiegenden Großteil der versorgten Haushalte entweder in einem Verteilerschrank in der Nachbarschaft oder am Mobilfunkmast.

Es gibt aber auch Zugänge, bei denen die Glasfaser mehr oder weniger direkt bis zum Kunden verlegt worden ist:

Bei “Fibre to the Building” (FTTB) endet die Glasfaser im Hausanschlussraum des versorgten Gebäudes. Dort befindet sich ein Gerät, dass die optischen Signale der Glasfaser wieder in elektrische Signale wandelt und die Haushalte in der Regel über das hausinterne Kupfernetz (Telefonnetz) versorgt. Insbesondere kleinere Telekommunikationsanbieter, wie z. B. Stadtwerke, nutzen diese Technologie.

Bei “Fibre to the Premises” (FTTP) wird ein Glasfaserkabel bis in jede Wohnung verlegt und erst dort an einem Kundengerät abgeschlossen. Diese Technologie bietet das höchste Potenzial an Übertragungsrate, ist aber auch am aufwendigsten zu realisieren, da nicht nur das Gebäude versorgt werden, sondern auch ein Glasfaser-Inhausnetz gebaut werden muss.

Für Einfamilienhäuser werden beide Varianten häufig unter dem Begriff “Fibre to the Home ” (FTTH) zusammengefasst, da sie hier baulich identisch sind.

Im Gegensatz zu den oben vorgestellten Technologien ist der “Glasfaseranschluss” am wenigsten genormt. Die Qualität der Netzwerkstruktur fällt daher recht unterschiedlich aus. Manche Anbieter installieren Technik mit Standardnetzwerkkomponenten, der de facto alle Kunden zu einem Netzwerk vor Ort zusammenschließt. Die Kunden werden an Netzwerkweichen, sogenannte Switche, angeschlossen und der Datenverkehr so Segment für Segment gebündelt, bis er schließlich an das Weitverkehrsdatennetz übergeben wird. Hierdurch lässt sich formal eine Übertragungsrate von üblicherweise 1 Gbit/s herstellen, die in der Praxis aber durch die vielen Netzsegmente deutlich geringer ausfällt.

Andere Anbieter hingegen verwenden auf ihrer Glasfaserstrecke gar keine aktive Technik mehr und binden jeden Kunden direkt an einen zentralen Netzwerkknoten an. Da der Abschluss von Glasfasern in Technikstandorten relativ viel Platz einnimmt, ist es auch üblich, eine Faser im Hauptkabel über optische Koppler mehreren Kunden zur Verfügung zu stellen. Diese fest definierte Anzahl an Kunden teilt sich auf der Faser den Datenverkehr in maximal 32 Zeitschlitzen. Da die Zeitschlitze fest definiert sind, stehet jedem Teilnehmer immer dieselbe Übertragungsrate zur Verfügung. Diese Variante von FTTB gilt daher nicht als geteiltes Medium.

Bundesweit werden aktuell üblicherweise Übertragungsraten zwischen 50 und 200 Mbit/s für Privatkundenanschlüsse angeboten. Eine Grenze nach oben ist technisch zurzeit nicht in Sicht.

Märchenstunde

Es waren einmal zwei Nachbarn. Eines Tages war der eine Nachbar knapp bei Kasse, denn er hatte sein gesamtes Monatseinkommen bereits für einen langen Urlaub, sein luxuriöses Auto, schöne neue Kleidung und Geschenke ausgegeben und ging häufig in noblen Restaurants essen. Da fragte er den anderen Nachbarn, der viel und hart arbeitete und sich seinen bescheidenen Wohlstand vom Munde absparte, ob er ihm nicht etwas Geld leihen könne, um über die Runden zu kommen. Der sparsame Nachbar willigte ein, aus Nächstenliebe und Mitleid, bestand aber darauf, das Geld im nächsten Monat zurückgezahlt zu bekommen.

Monat für Monat ging ins Land und immer und immer wieder hatte der erste Nachbar sein gesamtes Einkommen ausgegeben. Höflich fragte der Fleißige, wann er denn sein Geld zurückerhalten würde. Doch der Lebemann von nebenan wurde pampig und weigerte sich, auch nur einen Taler zurückzuzahlen. Schließlich meldete er Insolvenz an und der gutmütige Nachbar sah keinen Kreuzer seiner Leihgabe jemals wieder.

So ungefähr ist das Verhalten “der Griechen” gegenüber ihren Gläubigern, insbesondere “uns”, wenn man dem Axel-Springer-Verlag und vielen anderen Medien glaubt.

Und nun zu einer völlig anderen Geschichte:

Es waren einmal zwei Nachbarn. Der eine verfügte über großzügige Ländereien, auf denen er Getreide und Gemüse anbaute. Der andere hatte lediglich ein kleines Stück Land, um seine Familie zu ernähren. Nach einem heißen und trockenen Sommer fiel die Ernte so mager aus, dass der Kleinbauer nicht genug zu Essen hatte, um seine Familie über den Winter zu bringen. Er klopfte an der Tür des benachbarten Großgrundbesitzers und bat ihn darum, ihm einen Teil seiner Ernte abzugeben. Dieser willigte sofort ein, unter der Bedingung, dass der Kleinbauer im kommenden Jahr mehr zurückgeben werde, als ihm dieses Jahr geliehen worden sei. Der Kleinbauer nahm das Angebot an, um nicht zu verhungern.

Der nächste Sommer kam und die Ernte des Kleinbauern war dieses Mal ausreichend, um seine Familie zu ernähren. Doch sein Nachbar kam und bestand darauf, den vereinbarten Teil der Ernte plus Zinsen zu erhalten. “Lieber Nachbar”, erwiderte der Kleinbauer, “dann bleibt mir und meiner Familie dieses Jahr noch weniger zu Essen als im letzten Winter, und du hast große Ländereien und Vorräte, die für viele Jahre reichen. Willst du mir meine Schuld nicht erlassen?” Doch sein Nachbar verneinte. “Willst du mir im kommenden Winter Getreide geben, ohne dass ich dir ein Vielfaches davon zurückzahlen muss, sodass ich meine Schuld bei dir nach und nach begleichen kann?”, fragte der Kleinbauer dann. Doch sein Nachbar verneinte. “Willst du mir nicht einen Teil deines Landes abgeben, damit ich mehr Getreide anbauen kann und nicht mehr auf deine Hilfe angewiesen bin?” Doch sein Nachbar verneinte.

Und so begab es sich, dass der Kleinbauer jahrein jahraus weniger seiner Ernte für sich und seine Familie behalten konnte und auch in guten Erntezeiten von der Gnade seines wohlhabenden Nachbarn abhängig war.

Dies entspricht in etwa dem, was mit Griechenland tatsächlich geschehen ist.

Die Pest in den Zeiten der Cholera

Als Sozi hat man es nicht leicht. Da ist man Mitglied der größten Partei im größten Land der größten Wirtschaftsmacht der Welt, und trotzdem nur Juniorpartner in einer Koalition von Merkels Gnaden. Man hat ein breites Spektrum an Positionen innerhalb der Partei, getragen von einer schweigenden sozialistisch-sozialdemokratischen Mehrheit, aber zu hören bekommt man nur den lauten wirtschaftsliberalen Flügel. Über ein bewährtes, demokratisches System der Mitbestimmung entwickelt man gemeinsam Positionen und Beschlüsse, die durch den Koalitionsvertrag nicht umgesetzt oder die durch die von uns gewählte Parteispitze ignoriert werden. Das alles ist mitunter sehr frustrierend.

Wenn sich Sigmar Gabriel hinstellt und mit Rücktritt droht, sollte so etwas furchtbares wie die Vorratsdatenspeicherung nicht umgesetzt werden, hat er meiner Meinung nach den aufziehenden Shitstorm redlich verdient. Es ehrt Sigmar zwar, dass er loyal zur Koalition steht und umsetzt, was beschlossen worden ist. Pacta sunt nun mal servanda. Aber dass, neben so tollen Dingen wie dem Mindestlohn, auch ein Haufen Scheiß im Koalitionsvertrag vereinbart worden ist, muss man auch öffentlich sagen und sagen dürfen. Das erwarte ich von meiner Parteiführung! (Heiko Maas macht bei dem Thema Vorratsdatenspeicherung immerhin einen zerknirschten Eindruck.)

Wie geht es weiter mit dieser Großen Koalition? Setzen wir jetzt tatsächlich nur noch Mist in die Tat um? Erst die Ausländermaut, dann das populistische Griechenland-Bashing, dann die Vorratsdatenspeicherung; was kommt als nächstes? Bleibt man in der Zwangsehe mit der CDU und ihrer lächerlichen rechtskonservativen Schwesterpartei? Lässt man die Koalition platzen?

Ich tendiere ja zu Letzterem, auch wenn mir bewusst ist, dass das Ergebnis in einem Desaster für die SPD enden wird. German Angst, weil die Aktienkurse erst mal auf Talfahrt gehen werden. KeinE GegenkandidatIn zur beliebten Angela Merkel und, viel schlimmer, mangelnde Nachwuchsförderung und daher wenig neue Gesichter in der zweiten Reihe. Abstrafung an der Wahlurne dafür, dass man “schuld” an dem Ende der GroKo ist. Und damit verbunden eine mögliche absolute Mehrheit für die CDU/CSU, Macht- aber auch Arbeitsplatzverlust bei der SPD, Verlust von politischem Einfluss auf Bundesebene etc. pp.

Aber was wäre die Alternative? Die positiven Dinge im Koalitionsvertrag haben wir schon umgesetzt und bis zur Wahl heimst sich die Kanzlerin, mit der in der Öffentlichkeit die Erfolge leider verbunden werden, die Lorbeeren ein. Ich glaube derzeit nicht, dass die SPD bei der kommenden Wahl deutlich Stimmenanteile zugewinnen wird. Und dann hätten wir eben 2017 die Situation, die mit einem Bruch der Koalition schon heute entstehen könnte, allerdings ohne ein “reinigendes Feuer” mit der Chance auf einen politischen Schwenk und letztlich einen “Imagewandel”, weg von der verhassten Hartz-IV-Partei.

Ich glaube, ein mutiger Schritt in Richtung Neuwahlen täte der SPD gut. Und ich glaube auch, dass es dazu nicht kommen wird, denn an der Regierungsbeteiligung hängen auch innerhalb der Partei zu viele Interessen. Nicht mal nur die Lust auf die Gestaltungsmöglichkeit, sei sie auch noch so klein, sondern schlicht die finanzielle Existenz.

Meine kurze Erfahrung mit der Moto 360

Prinzipiell finde ich die Idee der Smartwatch gut. Ein kleiner Begleiter am Handgelenk, der vom Telefon in der Hosentasche mit allerlei nützlichen Informationen versorgt wird und umgekehrt als zusätzliches Bedienelement dient. Leider sind Smartwatches noch etwas anderes, nämlich modische Accessoires, analog zu ihren analogen Pendants. Und das macht die Sache kompliziert, denn unter uns, es ist schon verdammt schwierig, eine schicke herkömmliche Uhr zu finden. Umso mehr hat es mich erfreut, dass Motorola mit der Moto 360 endlich mal ein annähernd modisches Exemplar auf den Markt gebracht hat. Wie ich halt so bin, hab ich gleich mal eine davon vorbestellt und heute ist sie dann nach schier unendlicher Zeit endlich geliefert worden.

Trotzdem werde ich sie wieder zurückschicken, obwohl die Verbindung zum Telefon einfach hergestellt und auch das danach folgende Upgrade einwandfrei eingespielt werden konnten. Ich könnte jetzt behaupten, den Ausschlag für diese Entscheidung hätte die doch nicht so intuitive Bedienbarkeit der Smartwatch gegeben. Ich könnte auch behaupten, den Pulsmesser hätte ich mir ganz anders vorgestellt. Ich könnte auch behaupten, dass die Uhr eigentlich viel zu schade sei, um damit Joggen zu gehen und sie vollzuschwitzen. Ich könnte auch behaupten, dass eine der von mir gewünschten Hauptfunktionen, nämlich die Steuerung meiner Musik und Podcasts, wider erwarten nicht möglich wäre. Aber das alles ist es nicht. Denn der wahre Grund ist, dass mir die Moto 360 einfach nicht steht. So einfach ist es dann eben leider doch.

Video on Demand – (m)ein Erfahrungsbericht

Video on Demand ist seit einigen Jahren ein großes Thema, über das nicht erst seit dem Start von Netflix in Europa breit berichtet wird. Ich nutze diese Dienste auch schon seit einer Weile, also ist es höchste Zeit für einen Erfahrungsbericht.

Im Alltag verwende ich meist Amazon Prime. Ich bin sowieso Prime-Kunde, weil ich gelegentlich darauf angewiesen bin, dass mich meine Bestellungen schnell erreichen. Für 20 € im Jahr zusätzlich erhält man Zugriff auf den Instant-Video-Dienst, der alles das bietet, was früher die mittelmäßige Kleinstadtvideothek im Programm hatte: viel altes Zeugs, einige relativ neue Filme und eine Menge Serien, die größtenteils schon im TV gelaufen sind. Man kann hier nicht viel falsch machen. Allerdings frage ich mich ständig, was ich schauen könnte. Hier macht sich ein Effekt aus dem Fernsehen bemerkbar, denn ich beginne, im Katalog hin- und herzuzappen und mache dann doch aus. Ab und zu ist was dabei, aber wäre das Filmpaket deutlich teurer, ich würde es wieder abbestellen.

Netflix habe ich erwartungsvoll getestet und bin ziemlich ernüchtert. Die Berichte schwärmen geradezu vom Angebot des US-Riesen und den tollen selbst produzierten Serien. Fazit bis jetzt: Netflix ist mindestens so mau wie Amazon Instant Video. Aktuelle Filme finden sich fast gar nicht im Angebot und die Eigenproduktionen sind oft Retorten von Filmen oder Europäischen Serien (The Killing, House of Cards, Fargo, From Dusk Till Dawn). Vermutlich ist dies alles gut gemacht, aber man kennt es halt. So wie’s momentan aussieht, wird mein kostenloser Probemonat eher nicht verlängert.

Videoload (die Videoplattform von Entertain) verwende ich im Alltag fast gar nicht. Auch hier gibt, oder gab, es Pauschalpakete; leider war aber auch hier das Angebot ähnlich wie bei Amazon. Punkten kann Videoload aber ganz klar im Pay-per-View-Bereich! Hier gibt es viele aktuelle Filme für einen akzeptablen Preis, und das in hervorragender Bildqualität, was leider überhaupt nicht selbstverständlich ist. Möchte ich einen aktuellen Film ansehen, der mal wieder in keinem anderen Paket enthalten ist, dann nutze ich praktisch ausschließlich Videoload.

Maxdome habe ich mal ausprobiert und dort ein Video “geliehen”, war von der Qualität und dem Angebot aber eher enttäuscht. Der monatliche Preis ist mir hier definitiv zu hoch. Watchever habe ich mir deshalb gar nicht erst angetan.

Fazit: Wer gerne einfach irgendetwas schaut oder Kinder hat und sich nicht einen Stapel Zeichentrickfilme zulegen möchte, für den lohnt sich Video on Demand auf jeden Fall. Ich werde meine Konstellation aus Amazon Prime plus Videoload behalten, verzichte aber definitiv nicht auf meinen guten alten DVD-Player und auch nicht auf den Fernseher.

How would England vote?

Am 18. September 2014 wird Schottland über die Unabhängigkeit vom Vereinigten Königreich abstimmen. Wenn ich wählen dürfte, würde ich mit ‘Yes’ stimmen, schon allein, um David Cameron zu ärgern. Ich darf aber nicht mitstimmen.

Die Medien, nicht nur die englischsprachigen, sind derzeit voll von Meldungen über das Thema. Beide Seiten werden beleuchtet, die Chancen und Risiken herausgestellt, es wird viel über Land und Leute berichtet etc. pp. Ich glaube, ich weiß jetzt ziemlich genau, wie sich die Schottinnen und Schotten so fühlen, was sie denken und kann erahnen, warum die Menschen so stimmen werden, wie sie stimmen werden.

Bei dem ganzen Thema, ob Schottland weiterhin Teil einer Union mit England (und dem quantitativ unbedeutenden anderen zwei Ländern namens Wales und Nordirland) bleiben möchte, kam mir eine Frage in den Sinn: Möchte England eigentlich in einer Union mit Schottland bleiben?

Meinem Eindruck nach gelten die Schottinnen und Schotten bei ihren südlichen Nachbarinnen und Nachbarn eher als eine Art liberale Spinner, die wahnsinnig viel Geld aus den gemeinsamen Steuertöpfen abzweigen und grundsätzlich anderer Meinung sind. Schottland ist für England also in etwa das, was England für Europa ist.

Ich kann hierzu relativ wenig finden; aktuell bietet nur der Guardian einen Text, der dieses Thema streift.

Ich würde mich über Kommentare und Links zur Meinung Englands, und natürlich gerne auch Nordirlands und Wales’, sehr freuen.

Dankeschön!

ANTEMASQUE – der Versuch einer Plattenkritik

Sie sind wieder da! Nachdem sich Cedric Bixler-Zavala und Omar Rodríguez-López nach dem Aus von The Mars Volta offensichtlich wieder vertragen haben, gibt es endlich wieder neue Musik von den Beiden, natürlich samt Band.

Ich habe damals in den späten Neunzigern At The Drive-In für mich entdeckt und bin so auch auf einige Schwesterprojekte gestoßen, wie z. B. De Facto. Das Ende der Band kam für mich zwar damals überraschend, aber mit The Mars Volta stand sofort eine mehr als würdige Nachfolgeband in den Startlöchern. Und obwohl mein Zeitbudget und auch mein Interesse an Musik im letzten Jahrzehnt nachgelassen haben, so waren die neuen Platten von TMV doch immer in meinem Fokus und haben auch alle brav ihren Weg in mein Plattenregal gefunden. War das Ende von ATDI noch überraschend, so hat mich das Aus von The Mars Volta kalt erwischt. Angeblich ist die Band im Streit auseinandergegangen und alle Nachfolgeprojekte haben, um es diplomatisch auszudrücken, nicht meinen Geschmack getroffen.

Aber genug von der Musikantenberichterstattung. Antemasque heißt jedenfalls die neue Band von Cedric und Omar und ihr Debütalbum ist Anfang Juli 2014 erschieben (zumindest für die ersten 10.000, die vorher schon den Pre-Release bestellt hatten 😀 ).

Die Musik auf dem Album ist interessant. Es ist fast nichts mehr zu hören von dem Prog Rock aus TMV-Zeiten, sondern alles klingt vielmehr nach einer Weiterentwicklung des eher punkähnlichen Stils von ATDI gegen Ende der 1990er Jahre. Viel Gitarre, viel Schlagzeug, viel Stimme und eine hohe Geschwindigkeit prägen die Platte. Die Texte sind außerdem gut zu verstehen, was für Cedric Bixler-Zavala eher ungewohnt ist. Vorher musste ich immer in der “Stimmung” sein, um der Musik der beiden zu lauschen. Nun lässt sie sich sehr gut nebenbei hören, und kommt trotzdem nicht wie Fastfood daher. Von mir gibt’s jedenfalls zwei Daumen nach oben.

ANTEMASQUE – von Antemasque. Nadie, 2014. http://antemasque.com/

https://www.youtube.com/watch?v=4cCFuFpJ5Mc

 

 

Eine Posse sondergleichen

Die Wahl des Europaparlaments verlief als Sozialist nicht so, wie ich es mir gewünscht hätte. Wir sind zwar die zweitstärkste Fraktion geworden, aber die Nummer Zwei zu sein, bedeutet nun mal, dass man verloren hat. Das ist sehr schade, denn Martin Schulz wäre ein fantastischer Kommissionspräsident geworden. Aber die EPP hat die Wahl gewonnen und mit ihnen Jean-Claude Juncker. Doch statt schnell Volkes Wille umzusetzen, läuft seitdem eine Posse sondergleichen, für die ich mich als Demokrat zutiefst schäme. Insbesondere David Cameron stellt sich quer, und mit ihm einige andere Regierungschefs der Staaten, die Juncker partout nicht dem Parlament als Kommissionspräsidenten vorschlagen wollen. Aber statt “in die Bütt” zu gehen und dem demokratischen Prozess seinen Lauf zu lassen, verhandeln seit Wochen einige wenige Mächtige und versuchen, die Sache unter sich auszumachen.

Das alles erinnert mich stark an vordemokratische Zeiten, als ein paar Monarchen die Macht in ihren Händen hielten und das Staatsoberhaupt von wenigen Kurfürsten bestimmt worden ist.

Um der Sache ein Ende zu bereiten, bin ich für eine möglichst rasche Abstimmung  über die Personalie des Kommissionspräsidenten im Rat. Sollte der Vorschlag allerdings nicht Jean-Claude Juncker lauten, empfehle ich dem Parlament, solange zu blockieren, bis der Rat einknickt. Ich hoffe allerdings, dass es nicht dazu kommen wird.

Danach bin ich für eine schnelle Reform dieses Auswahlprozesses. Das Parlament ist das Gremium in der Union, dass das Volk direkt repräsentiert und das deshalb auch die höchste demokratische Legitimation besitzt. Ähnlich wie im Bundestag, sollte auch das Parlament den Kommissionspräsidenten direkt wählen, möglichst aus seiner Mitte. Dem Rat gebührt hierbei keinerlei Mitspracherecht, und ich wüsste auch nicht, weshalb. Die Kommissare würde das Parlament dann auf Vorschlag des Kommissionspräsidenten wählen, wobei das genaue Verfahren hier weniger kritisch ist. Und der Rat? Dem Rat gebührt meiner Meinung nach die Rolle, die üblicherweise dem Oberhaus zukommt: Abstimmung über Gesetzen mit einfacher Mehrheit.

Ich weiß, dass meine Meinung zurzeit vielleicht nicht mehrheitsfähig ist, denn sie würde de facto das Ende der Europäischen Union als Staatenverbund bedeuten und die Schaffung eines Bundesstaats bedingen. Daher sprechen vermutlich auch viele Politiker nicht laut aus, was sie denken, auch wenn sie meiner Meinung sind. Dennoch wäre dies nicht nur der nächste logische Schritt, sondern er ist auch notwendig, damit Europa in einer globalisierten Welt weiterhin eine relevante Rolle spielen kann.

Ich beschäftige mich sehr intensiv mit dem Thema “Europa” und habe eine sehr klare Vorstellung von der politischen Zukunft unseres Kontinents. Daher habe ich mir vorgenommen, mich zukünftig hier stärker einzelnen Aspekten zu widmen.

Tschüs Website Baker. Hallo WordPress!

Seit ich meine Website habe, hat sich einiges getan. Ich stelle keine Arbeiten mehr ins Netz, schreibe dafür jetzt aber häufiger Blogposts. Deshalb habe ich mich dazu entschieden, vom deutlich antiquierten Website Baker zum deutlich moderneren WordPress zu wechseln.
Ich habe alle meine Posts übernommen, auch wenn die Veröffentlichungsdaten nun teilweise Quatsch sind. Meine Arbeiten folgen nun nach und nach.
Die alte Website lasse ich noch eine weile im Netz. Ihr erreicht sie HIER.

Und nicht wundern, vielleicht bastel ich die Tage noch mal am Layout. 🙂

Ukraine: schwieriger Konflikt, keine einfache Lösung

Wie auch immer die politische Zukunft der Ukraine aussehen wird, ich halte es für das Wichtigste, einen Bürgerkrieg zu verhindern, um das Leid der Menschen so gering wie möglich zu halten.

Dafür in die jüngere Vergangenheit zu blicken und sich gegenseitig den „Schwarzen Peter“ zuzuschieben, ist vermutlich wenig zielführend. Erfolgversprechender dürfte sein, die derzeitige Situation zu betrachten und aus dieser heraus eine Lösung zu erarbeiten.

Ich sehe derzeit verschiedene relevante Akteure:
Da wäre zum einen natürlich die Übergangsregierung in Kiew, die rein formal das „Hausrecht“ inne hat und die öffentliche Ordnung herstellen müsste und dürfte. Diese Regierung hat allerdings bei einigen Bevölkerungsteilen – offenbar v. a. bei russischsprachigen Ukrainern im Südosten – wenig Rückhalt. Und auch Teile der Sicherheitskräfte, also Polizei und Armee, stehen nicht loyal zur Übergangsregierung und/oder sind schlicht ausgebrannt. Daher kann die Übergangsregierung die öffentliche Ordnung derzeit nur bedingt herstellen, was sie zu überfordern scheint.
Der zweite wichtige Akteur sind die „pro-russischen Milizen“, also Gruppierungen meist russischsprachiger, bewaffneter und gewaltbereiter Männer. Ob diese Personen ukrainische Staatsbürger sind oder aus Russland kommen, halte ich an dieser Stelle für unerheblich. Sie haben einem selbsternannten Anführer, zumindest erscheint es in den Medien so, der vorher die demokratisch gewählte Bürgermeisterin der Stadt Slowjansk festgesetzt hat. Diese „Milizen“ und ihre Unterstützer bilden zwar eine Minderheit in den östlichen Regionen, sie scheinen aber de facto die Kontrolle über diese zu haben.
Dritter Akteur ist, und diese Meinung wird nicht unumstritten sein, Russland. Ob Putin auch in der Ostukraine russische Truppen einsetzt, ist derzeit nicht klar. Klar ist aber, dass Russland die Krim de facto annektiert hat und damit in diesem Konflikt eindeutig eine entscheidende Rolle spielt. Außerdem haben die staatlichen russischen Rundfunksender erheblichen Einfluss auf die Meinungsbildung der russischsprachigen Ukrainer.

Wie ließe sich der Konflikt also lösen? Der Königsweg wäre, die ukrainische Bevölkerung könnte frei über ihre Zukunft entscheiden. Optionen müssten dabei allerdings, neben einem „weiter so wie bisher“, sowohl eine Föderation mit starker Regionalisierung als auch die Unabhängigkeit sein. Die Ergebnisse könnten dann auf Gemeindeebene betrachtet und eine Lösung erarbeitet werden. Hier wäre nur wichtig, dass keine Ex- bzw. Enklaven entstehen.
Nur wer könnte ein solches Referendum durchführen? Die Übergangsregierung ist dazu nicht in der Lage, denn sie hat nicht alle Landesteile unter ihrer Kontrolle. Den Kreml kann ich nur schwer einschätzen. Zwar böte ein solches Referendum die Möglichkeit, auf einem vom „Westen“ anerkannten Weg zu Teilen des ukrainischen Staatsgebietes zu gelangen, aber evtl. hat Putin bereits einen anderen Plan. Und die Europäische Union oder gar die USA scheiden als von Russland und den „Milizen“ nicht anerkannte Partner aus. Blieben noch die OSZE oder die Vereinten Nationen. Dann bräuchte es aber einen Blauhelmeinsatz und eine Wahlkommission, die das Referendum organisiert, sowie die Bereitschaft der ukrainischen Truppen zur Zurückhaltung (wahrscheinlich möglich) sowie die Bereitschaft der „Milizen“, ihre Waffen niederzulegen (eher unwahrscheinlich). Und es bräuchte Zeit, denn ein demokratisch legitimiertes Referendum müsste gründlich vorbereitet werden. Bis dahin könnte die Spaltung der Gesellschaft schon zu weit fortgeschritten sein.

Was könnte man noch tun? Die Ukraine ließe sich natürlich am „grünen Tisch“ Teilen. Der Kreml und der „Westen“ würden sich, ohne die Übergangsregierung, zusammensetzen, eine Trennlinie vereinbaren, u. U. als jeweilige Schutzmacht agieren und die ukrainische Regierung und Bevölkerung vor vollendete Tatsachen stellen. Ein unangenehmer Weg, bei dem v. a. die EU und die USA stark an Ansehen verlieren würden und als Besatzungstruppen wahrgenommen werden könnten. Die südöstlichen Gebiete würden vermutlich Teil der Russischen Föderation werden und Putin stünde damit nicht nur in Südosteuropa vor der Haustüre von Union und NATO, sondern hätte auch eine Landverbindung zu Moldawien, wo sich dann ein ähnliches Szenario wie in der Ukraine wiederholen könnte.

Man könnte den Konflikt auch einfrieren, wie eben in Moldawien, aber auch in den Kaukasusrepubliken geschehen. Dies würde bedeuten, es gäbe eine völkerrechtlich anerkannte „Gesamtukraine“, deren Regierung aber nur über Teile des Landes herrscht. Dazu kämen eine oder mehrere stabilisierte de-facto-Regime, die stark an Russland gebunden sind. Dies wäre vielleicht gar nicht der schlechteste Weg, um eine Beruhigung der Situation herbeizuführen. Allerdings ist fraglich, wie ein vorheriger Bürgerkrieg verhindert werden könnte. Und noch ein Problem besteht: Der Kreml ist kein Freund eingefrorener Konflikte.

Fazit: Es ist kompliziert! Abzuschätzen, welcher Weg eingeschlagen werden könnte, ist zumindest mir zurzeit völlig unmöglich. Einen richtigen und eine falschen Weg gibt es mit Sicherheit nicht, vielleicht einen am wenigsten schlechten. Ich bin jedenfalls froh, dass ich keiner der Entscheidungsträger bin und in Frieden auf die zukünftigen Geschichtsbücher warten kann.